PickUP#4
RÜCKZUG DES EGO – RAUM FÜR DAS SELBST

Dieter Huber: PickUp#4 Demut / Sinnbild PERSPEKTIVE
Text: ER MUSS WACHSEN, ICH ABER MUSS KLEINER WERDEN (Joh 3.30) 2025 / Wandmalerei / Metalliclacke / 114 x 510 cm



Das Bibelzitat Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden aus Johannes 3.30 mag zunächst als triggernde Provokation der Selbstverleugnung erscheinen. Es kann ist ein Portal zur Freiheit sein.

Im Zentrum steht nicht der Verlust, sondern die Verwandlung: Das Ego, das sich gerne in den Vordergrund drängt, wird stiller. Nicht, weil es vernichtet werden soll, sondern weil es lernt, auch zu schweigen und zu dienen. Es tritt zurück – damit etwas Größeres in uns wachsen kann.

Wir leben in einer Zeit, in der Sichtbarkeit oft mit Wert gleichgesetzt wird. Doch wahre Größe wächst im Verborgenen. Nicht dort, wo wir glänzen, sondern wo wir Raum geben. Raum für das Du, für das Wir – und für das, was größer ist als wir selbst.
Das Ego gestaltet – es plant, kontrolliert, vergleicht, strebt. Es ist nicht der Feind. Es ist das ideale Werkzeug des Alltags und der Pläne. Als Herr wird es zur Gier. Denn wenn das Ego regiert, verlieren wir den Kontakt zum Selbst – jenem inneren Ort, an dem unser Wesen im Einklang steht mit dem Ursprung allen Seins.
Wer mag kann es Gott nennen – die Quelle des Lebens, das vollkommenen Ganze – kann nur dort wachsen, wo wir aufhören, uns selbst zu überhöhen. Dieser Prozess des Kleinerwerdens ist ein selbstkritisches Augenzwinkern, keine Schwächung, sondern ein Akt der Reifung. Wie ein Gärtner, der die Äste zurückschneidet, damit der Baum in die Höhe wachsen kann. Im Rückzug des Egos entsteht Raum:
Für Verbundenheit statt Egozentrik.
Für Mitgefühl statt Urteil.
Für Dienst statt Kontrolle.
Für Verbundenheit statt Konkurrenz.
Für Sein statt Schein.

Das Ich, das sich zurücknimmt, macht Platz für ein tieferes Wir. In der Führung bedeutet das: anderen zu dienen, nicht sich selbst zu erhöhen. In der Zusammenarbeit: das Gemeinsame über das Persönliche zu stellen. Im Alltag: zuzuhören, statt sich selbst zu inszenieren. Demut ist kein Selbstverlust. Sie ist eine bewusste Entscheidung für das Ganze und die Verbindung zu Allem.

Wenn wir hinter den Erfolg anderer treten können, sie stärken, ohne uns dabei kleiner zu fühlen – dann beginnt das Selbst zu leuchten. Dann geschieht das, was mit „Er muss wachsen“ gemeint ist:
Nicht ein anderer Mensch, sondern das Göttliche in uns, im anderen, in allem.
So wird wahre Größe nicht genommen, sondern freigelegt.
Er wächst, wo wir uns nicht mehr behaupten müssen.
Er lebt dort, wo wir uns erinnern, dass wir Teil von etwas sind, das größer ist als jedes einzelne Ich.



Rechtschreibfehler? 😉