Dieter Huber: PickUp#5 Herz / Sinnbild MUT
Text: MUT ZUM VERSTAND – ÜBERMUT IM HERZEN
2025 / Wandmalerei / Tagesleuchtfarben, Lack / linke Wand: 281 x 225 cm, rechte Wand: 290 x 258 cm
An der Ecke dieses Raumes, wo zwei Wände sich verbinden, begegnen sich zwei gegensätzliche Welten. Die eine trägt den Satz: Mut zum Verstand. Die andere zeigt: Übermut im Herzen. Diese Worte stehen nicht im Widerspruch, sondern im Dialog – zwei Seiten derselben Medaille, zwischen denen wir täglich balancieren.
Mut zum Verstand ist die Kraft der Klarheit, der bewussten Entscheidung. Es ist der Mut, sich seines Denkens zu bedienen, Gewohnheiten zu hinterfragen und Orientierung im Chaos zu finden – ganz im Sinne Kants, der uns aufforderte, mutig selbst zu denken.
Doch der Verstand allein trägt uns nicht. Gegenüber leuchtet Übermut im Herzen – die feurige Kraft der Leidenschaft, die uns antreibt, mutig neue Wege zu gehen, auch ohne Gewissheit. Übermut ist hier nicht Blindheit oder Tollkühnheit – die selten gut tut –, sondern wagemutiges Vertrauen in die innere Stimme. Louisa May Alcott beschreibt Mut als das Lernen, sein Schiff durch den Sturm zu steuern. Mut vermeidet nicht Gefahren, sondern hält die Waage zwischen Kontrolle und Hingabe, zwischen Ich und Welt. Diese Perspektiven fordern uns heraus, eine souveräne Balance zu finden – zwischen Verstand und Herz, Regel und Freiheit, Wollen und Können, Ich und Gemeinwohl.
Mut ist kein Zustand, sondern eine Übung, ein ständiges Wachsen. Verstand gibt Struktur, Herz schenkt Weite – beide sind die Flügel, die uns emportragen. Mut zum Verstand ohne Übermut im Herzen wird kalt und starr, verliert Leichtigkeit und Lebendigkeit. Übermut im Herzen ohne Mut zum Verstand wird riskant, beliebig und ziellos, verliert die Richtung. Doch Mut zeigt sich nicht nur im Inneren – sondern auch im Außen: als Zivilcourage, wenn wir für andere einstehen, wenn wir unsere Stimme erheben, wo Schweigen bequemer wäre. Und als Mut zur Selbstbestimmung, erwachsen werden, wenn wir eigene Wege gehen, Verantwortung übernehmen und unser Leben nicht durch fremde Erwartungen oder äußere Vorgaben lenken lassen.
An dieser Ecke lädt uns das Werk ein: Mut ist ein Tanz auf dem schmalen Grat zwischen Kontrolle und Freiheit, Verbindung, Anpassung und Haltung, der Schlüssel zu einer selbstbestimmten Existenz. Mut heißt, was immer einem begegnet anzunehmen – mit offenem Geist und offenem Herzen.